Eine Runde (durch) Luxemburg

Afrika, Südamerika, Großbritannien, Albanien. Große Touren, teilweise ganze Kontinente, auf denen ich monatelang mit dem Fahrrad unterwegs war.

 

Und nun? Luxemburg? Ernsthaft? Auf den ersten Blick ein völliger Ausreißer. Und natürlich habe ich auch sofort den Schenkelklopfer "und was machst du am Nachmittag?" gehört, als ich erzählte, ich wolle durch Luxemburg radeln.

 

Okay, das Großherzogtum ist geografisch kein Riese, und so richtige Fernradelgefühle werden wohl auch nicht aufkommen, wenn ich meine Rundreise am 14. Mai starte. Etwa 600 Kilometer warten auf mich, die ich auf sieben bis acht Fahrtage verteilen werde. Das ginge natürlich auch deutlich schneller, aber ich fahre ja nicht nach Luxemburg, um kurz mal durch das ganze Land zu rasen, sondern um Land, Leute, Geschichte und den Fußball kennenzulernen.

 

Es wird zweifelsohne eine ungewöhnliche Tour, denn im Süden wartet quasi alle zehn Kilometer ein Ort, der Fußballgeschichte geschrieben hat. Und überall im Land werde ich Schauplätzen historischer Ereignisse während des Zweiten Weltkriegs begegnen, als Luxemburg vom Deutschen Reich okkupiert war und die Hakenkreuzfahnen auch in Luxemburg-Stadt, Esch, Düdelingen und all den anderen kleinen und großen Städten des Großherzogtums hingen. Während mir der Norden als landschaftliche Perle beschrieben wird, die dortigen Anstiege aber das eine oder andere Körnchen aus dem Radfahrer in mir herauspressen werden (und ich mich sehr auf die Region Esch-sur-Sûre sowie die Route entlang der Our freue), geht es im Süden vor allem um gelebte Geschichte. Denn dort tummeln sich nicht nur die großen und ruhmreichen Fußballklubs auf dichtem Raum, dort brummte einst auch der Motor der luxemburgischen Schwerindustrie, der mit den Hütten und Stahlwerken von Esch etc. tüchtig das Bruttosozialprodukt ankurbelte.

 

Und auch im Fußball Eindruck hinterließ. Zu den bekanntesten Klubs des kleinen Landes gehört zweifelsohne Jeunesse d'Esch, 1975, als der Fußball noch unschuldig und der Gedanke an eine Champions League der Reichen und Einflussreichen noch ungeträumt war, Europapokalgegner des FC Bayern. Jeunesse d'Esch schrieb damals europäische Fußballgeschichte, in Dudelange avancierte die CS Alliance zu einem erfolgreichen Migrantenklub und in Differdange konkurrierten mit der AS und den Red Boys zwei Vereine, die heute gemeinsam unter dem Label Fc 03 kicken, um die lokale Führungsrolle. Früher war eben alles besser. 

 

Meine Rundreise wird also auch ein bisschen ein Eintauchen in eine längst vergangene Zeit. Dem werde ich natürlich in meinem geplanten Buch zur Tour Rechnung tragen, das dieser Zeit und den Höhe- wie Tiefpunkten der Luxemburger Fußballgeschichte gedenken wird. Heißen wird das Buch dementsprechend wohl Luxemburg, die kleine, große Fußballnation.

 

Zugleich wird meine Radrundreise aber auch ein Blick in die Gegenwart wie Zukunft, denn das Großherzogtum, so niedlich es mit Ortsnamen wie Bettembourg, Hesperingen oder Rosport auch daherkommen mag, ist ein Land in Bewegung. Das gilt sowohl gesellschaftlich - seit einiger Zeit ist der komplette ÖPNV in Luxemburg kostenlos -, und das gilt natürlich vor allem bezüglich seiner Rolle als Land mitten in Europa. Dafür wiederum steht die Kleinstadt Schengen, mit der wir heute vor allem die Reisefreiheit innerhalb der EU verbinden.

 

Es wird also eine durchaus vielschichtige Radreise, auf die ich sehr gespannt bin und auf die ich mich außerordentlich freue. Luxemburgs Fußball hat sich in den letzten Jahren durchaus gut entwickelt, und mit seiner kulturellen Mischung steht das Land exemplarisch für die Idee von Europa. Dass es zu großen Fußballerfolg nur selten reicht, darf angesichts von lediglich 645.000 Luxemburgerinnen und Luxemburgern natürlich nicht überraschen. Wer in Luxemburg gut Fußball spielt, geht ins Ausland.

 

Meine Tour beginnt am 14. Mai mit der Partie zwischen F91 Dudelange und dem FC Wiltz 71. Die Anstoßzeit steht noch nicht fest, aber ich hoffe, dass ich am selben Tag auch noch bei Jeunesse Esch gegen Swift Hesperange vorbeischauen kann. Am Montagmorgen geht es dann auf den Sattel und in Richtung Norden. Geplant sind folgende Etappen

 

Montag 15. Mai: Esch-sur-Alzette - Esch-sur-Sûre

Route: Hautcharage (Fußballort), Clémency, Hobscheid (Fußballort), Eischen (Fußballort), Tuntange, Hollenfels, Reckange-les-Mersch, Usseldange, Grosbous, Arsdorf, Esch-sur-Sûre

 

Dienstag 16. Mai: Esch-sur-Sûre - Ettelbruck

Route: Esch-sur-Sûre, Wiltz (Fußballort), Clervaux, Rodershausen, Vianden, Diekirch (Fußballort), Ettelbruck (Fußballort)

 

Mittwoch 17. Mai: Ettelbruck - Grevenmacher

Route: Ettelbruck, Larochette, Consdorf, Echternach (Fußballort), Rosport (Fußballort), Wasserbillig (Fußballort), Grevenmacher (Fußballort)

 

Donnerstag 18. Mai: Grevenmacher - Rumelange

Route: Grevenmacher, Wormeldange (Fußballort), Remich, Schengen, Mondorf-les-Bains (Fußballort), Dudelange (Fußballort), Tétange (Fußballort), Rumelange (Fußballort)

 

Freitag 19. Mai: Rumelange - Esch-sur-Alzette

Route: Schifflange (Fußballort), Mondercange (Fußballort), Pétange (Fußballort), Differdange (Fußballort), Belvaux (Fußballort), Esch-sur-Alzette (Fußballort)

 

Samstag 20. Mai: Esch-sur-Alzette - Luxemburg

Route: Bettembourg (Fußballort), südliches Stadtgebiet (u.a. Hesperange)

 

Sonntag 21. Mai: Luxemburg

Schlussspieltag der BGL League: entweder Jeunesse Esch - F91 Dudelange oder Racing FC gegen FC Differdange 03

 

Montag 22. Mai: Luxemburg

Route: nördliches Stadtgebiet (u.a. Beggen)